Wir liegen immer noch in Almerimar und haben Sturm, bis 36 kt im Hafen zeigen uns die Instrumente an. Wir sind endlich fertig mit den letzten Bootsarbeiten, warten auf ein Wetterfenster nach Gibraltar und auf ein letztes Packet mit ein paar Reserve-Ersatzteilen. Zu den Arbeiten der letzten Woche zählen insbes. Rigg-Arbeiten und Vorbereitungen für die Atlantiküberquerung.
1. Vorbereitung und Überprüfung der Seenot Rettungsmittel
Die schlimmsten Ereignisse, die ein Boot in Seenot bringen kann sind Kenterung und Mann über Bord Situationen (MOB, man over board). Für erstere Situation hilft eine gründliche Wartung von Rig und Navigationsinstrumenten. Letztere Situation sollte komplett vermieden werden. Lernt man auch beim Training für die entsprechenden Segellizenzen, wie man eine Yacht mittels mehr oder weniger komplexer Manöver zurück zum überbord Gefallenen bringt um ihn wieder aufzunehmen – das funktioniert nur bei leichtem Wetter und wenig Seegang. Auf hoher See und bei Wind und Welle sinken die Chancen wieder ins Boot zu kommen beträchtlich. Moderne Hilfsmittel helfen hier etwas, tragen in diesen Situationen aber nur marginal zum Erfolg bei. Ein Überbordgehen sollte also unbedingt vermieden werden.
Tanuki hat unter Anderem folgende Rettungsmittel an Bord: Automatische Schwimmwesten mit eingebauten AIS-Sendern, die die Position auf den Instrumenten des Bootes anzeigen und über Funk die Crew an Bord alarmieren. Die Westen dienen gleichzeitig als Sicherungsgeschirr, d.h. sie können mit einer Leine an Bord befestigt (gesichert) werden. Auf hochseegehenden Yachten hat sich eingebürgert, dass man bei schwerem Wetter immer Weste trägt und diese Immer gesichert sein muss. Wir haben zusätzlich die Regel, dass ein Crewmitglied nur aufs Vorschiff geht, wenn ein anderes Mitglied im Cockpit aufpasst. Beim Vorgehen wird die Weste dann an langen Streckleinen eingehakt, so dass man sich sicher bewegen kann. Diese Streckleinen wurden für unsere Atlantiküberquerung neu angefertigt.
Falls wir sinken haben wir zwei Rettungsbojen (sog. E-Pirb) an Bord, die mit in eine Rettungsinsel genommen werden. Die Rettungsinsel ist neu, ebenso die Haupt-E-Pirb des Bootes. Zusätzlich haben wir ein Handfunkgerät und Signalraketen. Im Fall der Fälle werden Papiere, Nahrungsvorräte für 3-5 Tage und die o.A. Rettungsmittel mit in die Rettungsinsel genommen.
2. Montage des Mastschlittens für unseren Spibaum
Vorwindsegeln wie auf der Atlantikroute üblich, ist kompliziert, weil die Segel nur bei sehr präzisem Kurs zum Wind korrekt stehen. Um diese Situation etwas einfacher zu gestalten werden wir das Vorsegel ausbaumen, d.h. in seiner Position fixieren. Dies macht man mit einem zusätzlichen Baum (Spinnaker-Baum) der auch am Mast angebracht wird. Haben wir nicht auf Tanuki, aber unser Rigger hat für uns einen Baum und eine sogen. Track-Schiene für unseren Mast gefunden und installiert. Bilder der Konstruktion mit Segel reichen wir nach.
3. Neuorganisation unserer Fallen (Halyards)
Auf Empfehlung unserer Rigger habe wir die Organisation und Führung unserer Fallen (Bedientaue für Segel und Baum) umorganisiert, gleichzeitig ein fehlendes Fall nachgerüstet und die etwas zu kurzen und abgenutzten Großschoten gegen neue Leinen ausgewechselt.
4. Riggen von Preventer-Leinen (Bullenstander)
Bäume auf einem Segelboot müssen gesichert sein, insbesondere beim Vorwindsegeln, damit diese durch Winddrehungen oder Steuerfehler nicht aus der Kontrolle kommen können, was schwere Schäden am Rigg und an Personen verursachen kann (Stichwort: Patenthalse) alle Bäume, also Großbaum und Spi-Baum werden also nach oben, unten vorne und achtern durch Leinen gesichert. Die Leine, welche den Großbaum absichert heißt Preventer (to prevent, engl.: vorbeugen), oder auf Deutsch „Bullenstander“ (Bulin, Seemannssprache: Haltetau für ein Rahsegel). Der Preventer sichert die Baumspitze nach vorne ab und geht zum Bug und von dort über einen Block zurück zum Cockpit, bzw. der Achterklampe.
5. Kauf und Organisation von Reservekanistern für Diesel und Benzin
Vier gelbe Kanister für Diesel (jew. 20l) und einen Kanister für Benzin haben wir gekauft und an der Reling angelascht um zusätzlich zu unseren 300 l im Tank noch etwas Reserve zu haben.
6. Letzte Überprüfung der Bordapotheke
Unsere Reiseapotheke ist notgedrungen etwas umfangreicher als eine für Normalreisende. Neben Schmerzmitteln, Antiallegika und Antibiotika haben wir noch viele weitere Mittel an Bord. Die Liste wurde auf Basis von Vorschlägen anderer Boote von unserem Hausarzt Ollie zusammengestellt, der uns auch Rezepte ausgestellt hat. Leider konnten wir nicht alle Medikamente in Australien einkaufen (haben wir uns nicht getraut) sondern wir haben viele der Präparate in Deutschland eingekauft. Am Ende kam da einiges zusammen und schließlich hat die uns betreuende Apothekerin sogar des Skippers (Zahn-)Arztausweis bei der Kammer verifiziert. In einer letzten Bestandsaufnahme haben wir nunmehr auch die Zahl der Tabletten und Dosen kontrolliert und dokumentiert.
7. Schulbank drücken (Astronavigation)
Insges. haben wir ca. 8 GPS Geräte an Bord, um uns bis auf wenige Meter genau die Position anzuzeigen (Vier Mobiltelefone, ein AIS Transceiver, ein Plotter, ein GPS Empfänger für unseren Notebook, ein Handfunkgerät mit GPS eingebaut). Trotzdem will sich der Skipper für alle Fälle in die Kunst der Astronavigation einarbeiten um auch mit Hilfe des Sonnenstands eine Position berechnen zu können. Wir haben daher einen einfachen Plastiksextant an Bord und statt Tabellenwerk ein Computerprogramm welches die astronomischen Daten für die Standortbestimmung liefert. Ein etwas älteres Verfahren, aber von Interesse für jeden Blauwassersegler und immer noch aktuell! Für die praktische Arbeit haben wir noch eine Papierseekarte des Atlantik (Amray 100) auf welche wir täglich die Mittagsposition eintragen werden.
Jetzt heisst es büffeln, Begriffe wie Deklination, Greenwichwinkel, Azimut und Zenith müssen verstanden werden und Berechnungsverfahren geübt werden. Ist ein größeres Projekt, aber nicht so schlimm für einen mathematisch interessierten Skipper……
20/11/2022 um 23:08
Schöne Grüße von der Mitgliederversammlung des ATC Marburg!
Zu deinem wie immer interessanten Bericht sind mir ein paar dumme Sprüche über den Weg gelaufen:
Geht die Sonne auf im Westen, solltest du den Kompass testen.
Navigation ist, wenn man trotzdem ankommt.
und wenn es weiter geht:
Fair wind and a following sea!
21/11/2022 um 07:18
Liebe Carmen,
danke für die schönen Grüße und schön, dass es den ATC in Marburg noch gibt. Die Tips habe ich mir zu Herzen genommen und werde die Kompassprüfung gleich in ca. 15 Min. durchführen. Ansonsten: Scheint die Sonne auf den Kiel hilfts dem Skipper auch nicht viel….. Alternative Navigation: In den Hafen, Brötchen kaufen gehen und nach dem Ortsnamen fragen
LG von einer Position 25 sm nordostlich von Gibraltar,
-Richard