Vor einigen Jahren haben wir im Antiquariat ein Buch von Ursel und Friedel Klee gefunden, welches eine Weltumsegelung in den 70er Jahren beschreibt. Titel dieses wunderschön geschriebenen Buches lautet „Und immer mal wieder liegt Land im Wege“. Bei uns sind es nun die Iles Marquises, auf Deutsch die Marquesas, die wir nach nur 23 Tagen auf See anlaufen, einfach weil sie im Wege liegen und einen guten Einstieg in die Südseekultur bieten. Das ist nicht ganz ungewöhnlich, wohl alle Segler, die nicht die Südroute zu den Osterinseln wählen, machen Pause auf den Marquesas, sie liegen quasi an der Autobahn in die Südsee.
Die Marquesas (Te Henua Enana), ein Archipel von ca. 14 Inseln gehören politisch zu Französisch Polynesien und geografisch zu den ostpolynesischen Inseln. Da wir nun endlich im Pazifik angekommen sind und mit dem Namen meiner ehemaligen Universität (James Cook University) im Hinterkopf sei erwähnt, dass die Marquesas im Jahre 1595 vom Spanier Alvaro de Mendaña de Neyra entdeckt wurden, sie wurden mangels Interesse aber bald wieder vergessen. Erst 1774 wurden sie von James Cook wiederentdeckt [1].
Für die Südsee sind die Marquesas insofern interessant, als dass sie keine Atolle (Koralleninseln) sind, sondern Gipfel einer vulkanisch erzeugten Unterwasser-Gebirgskette. Die Inseln kann man grob in eine nördliche Gruppe mit der Hauptinsel Nuku Hiva und eine Südgruppe mit der Hauptinsel Hiva Oa einteilen [1]. Beide Inseln haben an ihrer Südseite natürliche Häfen und sind damit Ankunftsorte für die vielen Boote, die auf der Route von Mittelamerika (Panama) in die Südsee den herrschenden Monsunwinden folgen. Bei den Seglern ist diese Route mit wenig wechselnden Winden als sog. Barfußroute bekannt, weil hier immer warme Temperaturen und moderate Windgeschwindigkeiten zu finden sind.
Wir fahren die Inseln am frühen Morgen an, nördlich vorbei an der Insel Ua Huka und lassen unseren Anker in der südlich gelegenen Bucht von Taiohae, dem größten Ort und Verwaltungszentrum der Inseln, fallen und trinken das traditionelle Ankerbier. Über der Bucht ragt majestätisch das 12m große Tiki Tuhiva, die größte Skulptur im Südpazifik. Ein Tiki ist eine Skulptur oder Statue als ikonisches kulturelles Symbol. Es gibt sie in unterschiedlichen Größen und Materialien mitten in Ortschaften oder einfach nur am Wegesrand. Auf den Marquesas stellen sie Schutzgötter oder Symbole für die Verbindung Mensch und Natur dar [2]. Wir fahren mit unserem Dinghy an Land um einzuklarieren, sehen die ersten Tikis auf unserem Weg zur Gendarmerie. Leider stellen wir schnell fest, dass wir an einem Feiertag angekommen sind und zudem noch das ganze Wochenende warten müssen, bis das Büro zum Einklarieren geöffnet ist. Geschlossen ist auch die Post, wo es Telefonkarten gibt und die kleinen Reservoirs zum Einkaufen. Also machen wir einen Spaziergang durch den Ort.
Drei Tage später sind wir problemlos eingecheckt, stellen fest, dass es keine Telefonkarten und keine Eier auf der ganzen Insel gibt, erstere wegen hoher Anfrage durch Segler, letztere wegen einer Salmonellenepidemie (unter den Hühnern). Die Ankerbucht ist weit und wir liegen mit nur wenig Schwell relativ ruhig. Wir essen einmal in einem Ferienresort (teuer aber gutes Essen) und verabreden uns einige Tage später mit den Crews von mehreren Booten zum polynesischen Pizza-Essen. Der Umstieg vom Spanischen zum Französischen macht uns immer noch Probleme, aber zwischen Seglern wird meist sowieso Englisch gesprochen.
Weiter geht es für uns dann zu einem Ausflug auf die Südgruppe. Wir segeln südwärts nach Ua Pou und werfen Anker im dortigen Hafen Hakahau. Leider ist die Ankerbucht nicht sehr bequem (wir sind nicht abgedeckt und Schwell steht in den Hafen) und die Dockmöglichkeiten für das Dinghy sind auch sehr begrenzt. Wir beschließen, dass wir keine Nacht hier verbringen wollen und fahren weiter in Richtung Süden. Freunde haben uns eine Ankerbucht auf Tahuata empfohlen. Wir fahren also durch die Nacht und sind am Morgen südlich unserer angepeilten Ankerbucht in dem Hafen von Vaitahu. Dort ergattern wir eine Telefonkarte (leider keine Eier) und fahren wenige Stunden später nach Norden in die Bucht Baie Hanamoenoa. 5 Yachten sind bereits da, auch unsere Freunde von der US-Amerikanischen Yacht Tango. Die Ankerbucht ist ruhig und wir werden am nächsten Morgen bereits von zwei Manta-Rochen begrüßt, die quer durch die Bucht schwimmen.
Neben einigen ruhigen Tagen im Paradies wollen wir zwei Probleme angehen. Wir brauchen Diesel und Eier, zudem leckt unsere Wasserpumpe am Motor und wir müssen ständig Wasser aus der Motorbilge entfernen. Zum Glück ist John von der Yacht Tango ein begnadeter Mechaniker und nachdem wir realisiert haben, dass ich noch in Kroatien die Voraussicht hatte, einen Reparatursatz für die Wasserpumpe zu besorgen, hilft er freundlicherweise die neuen Wasserdichtungen und Kugellager auf die Achse der Pumpe zu montieren, ein Job, den wir auf Tanuki alleine wohl nicht bewältigt hätten. Danke John!
Der Einkaufstrip nach Hiva Oa, der Hauptinsel in der südlichen Gruppe ist schwieriger. Der Hafen in der Baie Tahauku, direkt neben dem Hauptort Atuona ist notorisch dafür, zu eng, zu tief und zu voll zu sein, da viele Boote auf der Barfußroute hier anlanden. Zudem wird für den Aufenthalt die Verwendung eines Heckankers empfohlen (haben wir zwar, wir sind aber im Umgang damit nicht geübt).
Wir planen also nicht mit einem längeren Aufenthalt, unser Plan ist es, am Morgen nach Hiva Oa (um die Ecke) zu fahren, zu tanken und ein paar Geschäfte zu überfallen und dann sofort wieder zurück in unser geliebtes Ankerparadies zu fahren. Gesagt – getan, Janet von Tango begleitet uns auf unserer Shoppingtour und los geht es früh am Morgen. Die Segelstrecke von 8 sm dauert 90min. und wir fahren ein in eine für unsere Begriffe „sizilianische“ Ankersituation, d.h. Boot an Boot mit wenig Raum.
Nach einer Umkreisung durch das Ankerfeld findet die Skipperin eine passende Stelle und unser Rockna beißt sich in den Untergrund. Los geht es mit dem Dinghy zum Dinghy Dock an der Tankstelle. Leider können wir mit Tanuki dort nicht anlegen, also ist Kanisterbetankung angesagt, die Kanister hatten wir schon dabei und lassen Sie bei der Tankstelle zum Auffüllen. Im Shop der Tankstelle entdecken wir die letzten Päckchen Eier, also schlagen wir sofort zu. Weiter geht es auf einen 90 Min. Spaziergang in den Ort, wir haben ein ausgedehntes Lunch in einem Restaurant auf dem Weg, bis wir am frühen Nachmittag in Atuona ankommen. Hier wollen wir einkaufen und die örtlichen Attraktionen bewundern. Los geht’s mit dem örtlichen Friedhof, wo wir die Gräber von Jaques Brel und Paul Gauguin suchen. Für letzteren gibt es auch ein Museum, welches wir besuchen und wo wir die Vielfalt seiner Werke bewundern können. Gauguin, post-impressionistischer Maler und Vorbereiter des Expressionismus, lebte während zwei bedeutenden Lebensabschnitten auf Tahiti und zog 1901, kurz vor seinem Tod in 1903 nach Hiva Oa [3].
Danach machen wir Großeinkauf in dem örtlichen Magasin. Wir nutzen das Angebot des Ladens und werden von einem Mitarbeiter zusammen mit unseren umfangreichen Einkäufen zurück zum Dinghy Dock gefahren, ein Service den wir sehr zu schätzen wissen. Dann geht es los. Erste Ladung von 5 Kanistern a 20 l ins Dinghy und zum Boot. Der Skipper füllt fleißig den Diesel in den Tank. Dann nächste Tour mit weiteren 100l. Tanuki ist nun voll, desgl. die Kanister für die Notreserve.
Mittlerweile ist es 5 Uhr und Sonnenuntergang ist schon um 6 Uhr 15. Jetzt schnell den Anker hoch und unter Motor zurück in die Ankerbucht. Die erreichen wir erst, als es schon stockdunkel ist. Also Notfallplan. Vorsichtig hinein zum Ankerfeld und an einem äußeren Platz Anker fallen lassen. Am nächsten Morgen können wir immer noch umparken. Janet wird von John im Dinghy abgeholt und unser Tagwerk ist vollbracht. Zwei Tage später starten wir auf unseren Trip zu den Tuamotus.
Literatur
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Marquesas
2 https://www.aranui.com/de/blog/der-polynesische-tiki-ein-bedeutendes-kulturelles-symbol/
3 https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Gauguin
09/07/2023 um 11:34
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