Weiter geht es in Richtung Osten. Da es unterwegs keine passenden Ankerbuchten für uns gab, nehmen wir Kurs auf Rethymno, die drittgrößte Stadt auf Kreta, eine Kurzstrecke von ca. 6 Segelstunden, mal mit, mal ohne Motor. Auch hier gibt es einen venezianischen Hafen, allerdings etwas kleiner als die Version in Chania.
Rethymno
Wir kommen vorbei an NAMFI, einer größeren Nato-Anlage in der Souda Bay, einem Schiessstand für Raketenbeschuss vom Land zur See. Dieser riegelt das Seegebiet regelmäßig für Schiessübungen ab, weshalb wir bei der Hafenpolizei in Chania nachfragten, ob es ein Problem hierbei gibt. Bei Beschuss wird quasi der ganze Küstenverkehr in Richtung Osten gesperrt, was regelmäßig zu Rüffeln durch Kriegsschiffe und Küstenstationen führt. Wir haben Glück, heute schiessen sie nicht auf uns sondern nordwestlich von Chania, was uns den Weg nach Osten erlaubt. Glück gehabt!
Rethymno ist ein kleiner Hafen mit Marina der aber auch einige Plätze für Yachten hat, allerdings mit einer wirklich lokalen Variante der Lazy-Lines. Die sind hier nicht lang und am Steg befestigt, sondern an einer Boje knapp vor dem Bug des Schiffes. Bei der Anfahrt rückwärts in die Parkbucht muss der Skipper also schauen, die Boje nicht zu überfahren und die Vordeckscrew die Boje mit dem Bootshaken angeln, hochheben, die zwei Leinen greifen und an den Bugklampen belegen. Das geht bei uns nicht in dem Tempo, wie die Windverhältnisse die Anfahrt erzwingen (viel Wind=schnell rein) und erzeugt Stress, zumal die Boje mit der daranhängenden Kette schwer ist. Wir hatten Wind! Mit zwei Crewmitgliedern vorne geht es gerade so, wehe aber, wenn nur eine (schwächere?) Person vorne ist. Wollen wir uns nicht so richtig vorstellen und im Internet kursieren auch Horrorstories dazu. Nach drei Anfahrversuchen klappt es irgendwie, der Marinero bleibt ruhig und freundlich und wir sind „drin“. Zeit zum relaxen (die ganze Crew ist im Adrenalinschock) und für ein großes Anlegerbier.
Am nächsten Tag heißt es dann die niedrige Liegegebühr bei den freundlichen Damen im Büro bezahlen und zur Hafenpolizei gehen um das Logbuch abstempeln zu lassen. Alle Dokumente werden aufs genaueste geprüft, ein Namensdreher in der Crewliste wurde (zu Recht) beanstandet und es kann weiter gehen.
Iraklio
Iraklio (auch Iraklion oder Heraklion, zurückgehend auf den Herakles der griechichen Mythologie) ist die größte Stadt auf Kreta und die viertgrößte Stadt in Griechenland mit einem lebhaft angeflogenen internationalen Airport der riesige Touristenscharen auf die Insel spült. Im Hafen (auch venezianisch) gibt es eine Marina und einen Stadtkai. Wir segeln mit viel hilfreichem Wind aus Nordwest und erreichen die Hafeneinfahrt am späten Nachmittag nach 7 Stunden Fahrt. Schwell von 1-1.5m kommt rechtwinklig zur Küste und unserem Kurs herein und sorgt für eine sehr unangenehme Schiffsbewegung. Seekrankheit macht sich breit – unangenehm. Erst nach durchqueren der Hafeneinfahrt wird es besser.
Leider ist der Hafen nicht sehr freundlich für Segler. Die Marina ist voll belegt mit Dauerliegern, also keine Chance. Der Stadtkai direkt vor der Hafenpolizei ist also die einzige Möglichkeit für uns. Wir werfen Anker ca. 60m vor der Kaimauer und fahren bei heftigem Seitenwind in Richtung Kai. Freundliche Nachbarsleute nehmen unsere Leinen an und wir stellen fest, die Hafenmauer ist 3 m hoch und wir haben keine Möglichkeit, da eine normal lange Passarelle (Planke) anzulegen. Wie kommen wir also an Land? Wir vertagen das Problem und schlafen erst mal eine Nacht aus. Windböen und Fährbetrieb (die Fähren legen ca. 200m gegenüber an) machen die Nacht ungemütlich.
Am Morgen lassen wir unser Dinghy runter und rudern zu einer Leiter am Kai. Das Standardprotokoll wird abgewickelt (Besuch bei der Hafenpolizei, die auch die Liegegebühr kassiert). Heute ist die Bürokratie im Hafen eher leger, kaum Dokumente wurden geprüft und nix beanstandet. Apropos beanstandet: In jedem Hafen bisher wurde mehr oder weniger kontrolliert und üblicherweise wurde immer irgendetwas bemeckert. Auf der von uns erfundenen Beanstandungsskala von 0 (Iraklio) und 100 (Kalamata – wo uns sogar ein Auslaufverbot ausgesprochen wurde) sind also viele verschiedene Varianten aufgetreten. Beanstandet wurde eigentlich immer ein anderes Dokument, zumeist konnten wir aber die Situation mit Offenheit und Freundlichkeit bereinigen.
Der Ort ist groß, Tanuki liegt aber sehr umständlich und für uns ist es keine schöne Erfahrung, also geht es weiter.
Agios Nikolaos
In der kleineren Stadt Agios Nikolaos, fast am Ostzipfel von Kreta liegt die einzige vernünftige (sprich gelobte) Marina auf Kreta. Wir kommen dort nach ca. 10 Stunden an und haben zu kämpfen mit dem Schwell aus der Ägäis (Wellen um 1,5m), dem stetig blasenden Meltemi (15-20 kt) und im letzten Teil der Reise mit Kapeffekten und verstärkten Windböen bis 30 kt. Gutes Segelwetter mit Segeln in unterschiedlichem Reffstadium. Wir laufen in die Marina ein und zittern uns bei Seitenwind von 20 kt in eine glücklicherweise relativ große Lücke. Nach zwei Anläufen klappt es endlich und der ruhig gebliebene Marinero hilft uns beim Anlegen. Der Skipper hat jetzt Respekt vor dem Anlegen mit Seitenwind in einer engen Boxengasse. Später werden wir jedoch Zeuge wie auch andere Skipper in dieser Situation Probleme bekommen, aber auch, wie lokale Skipper hier arbeiten. Timing und Gefühl für die Windabtrift sind hier enorm wichtig.
Die Marina ist mittelgroß, die sanitären Anlagen sind erstklassig und die Preise bezahlbar. Wir wollen hier bleiben, bis sich ein gutes Wetterfenster für eine Überquerung nach Rhodos auftut. Der Meltemi fegt am östlichen Ende um die Inselecke und verstärkt sich auf Sturmstärke mit Wellen bis 4m. Nix für uns, also warten und schauen. Unsere Stegnachbarn unken, dass wir wohl bis September warten müssen, wir sind aber optimistisch.
Wir liegen am Finger B und sind relativ gut geschützt. Trotzdem fallen täglich Böen bis zu 30 kt ein, der Wind heult durch die Masten und erinnert uns an die Zeiten der Kroatischen Bora. Schlechter Schlaf!