Unser nächstes Ziel ist das Königreich Tonga, von wo viele Boote nach Neuseeland starten. Wir peilen also zunächst das Nordarchipel, die Vava´u Gruppe an. Um dorthin zu kommen gibt es im Prinzip drei Routen. Erstens die direkte Route über Aitutaki, Palmerstone und Niue, zweitens die Nordroute über Suwarrow, drittens die Südroute über Rarotonga. Für die Auswahl gibt es mehrere Faktoren, die wichtigsten Faktoren sind das Wetter und die Gegebenheiten vor Ort. Hinsichtlich Wetter ist die Südroute riskant, weil hier die Chance ein Tiefdruckgebiet zu erwischen hoch ist. Wir ziehen daher eine nördlichere Route vor. Die direkte Route scheitert an unserem Tiefgang, der den Stop in Aitutaki schwierig bis riskant erscheinen lässt, obwohl Gerüchte sagen, dass dort unlängst die Einfahrt in den Hafen vertieft wurde. Hinsichtlich Wetter ist die Nordroute etwas sicherer und das Atoll Suwarrow erscheint uns sehr interessant wegen des dortigen Naturschutzgebiets.
Also entscheiden wir uns für die Nordroute, während unsere Freunde von Tango die direkte Route bevorzugen. Die Nordroute ist nur etwas länger als die direkte Route, etwas weniger als eine Tagesreise pro Streckenabschnitt.
Los geht es also in Bora Bora, das Wetter ist gut und ebenso unsere Laune. Wir segeln diesmal zusammen mit Chantey, unseren britischen Freunden. Zunächst also nach Nordwesten, im Regen und Wind zwischen 22-30 kt. In den ersten Tagen ist der Seegang kurz und unangenehm, wir fahren entsprechend Wetterreport etwas nördlicher um günstigeren Windwinkel zu bekommen. Vorbei geht es zunächst an Moto One, welches wir sichten und an Backbord lassen. Am dritten Tag lässt der Wind langsam nach und bei 5-10 kt Wind entschließen wir uns über Nacht den Motor anzuwerfen. Am nächsten Tag kommt dann wieder Wind und wir segeln nun direkt aufs Ziel zu. Tag 5, der Wind frischt auf zwischen 18 und 30 kt, wir reffen und verlangsamen so, dass wir an Tag 6 bei Tageslicht ankommen. Entsprechend dem üblichen Protokoll melden wir uns über Funk an und nach einigen Fragen zu Bootsgröße und Passagieranzahl erhalten wir die Genehmigung in das Atoll einzulaufen. Dann geht es durch den Pass, knapp vorbei an einem anderen Boot, welches gerade herausfährt. Der Anker fällt auf 4-5m um 10:00 Uhr Ortszeit.
Suwarrow ist ein Atoll, entdeckt im Jahre 1814 vom russischen Schiff Suvorov (benannt nach dem russischen General Alexander Suvorov). Die Schreibweise Suwarrow ist die offizielle die von Neuseeland vorgeschrieben ist. Das Atoll ist Bestandteil der Cookinseln, die zwar ein unabhängiger Staat sind, jedoch frei mit Neuseeland assoziiert sind. Das Atoll hat einen Umfang von ca. 80 km und die etwa 20 kleinen Inselchen (genannt Motus) haben eine Fläche von zusammen etwas mehr als 1,6 km2 [1].
Wir trinken ein Ankerbier (am späten Vormittag – Shocking!) und stellen fest, dass Chantey noch nicht reingekommen ist, wir sind also knapp erste geworden. Dinghy runter und zunächst zum Einklarieren zum örtlichen Ranger auf die Anchorage Island. Der gibt uns die offizielle Erlaubnis im Naturschutzgebiet zu ankern und macht gleichzeitig auch Zoll und Einwanderung für die Cook Islands. Gefühlt 15 Formulare später sind wir endlich drin und erfahren, dass Ranger Harry und seine Frau die einzigen Einwohner des Atolls sind, das auch nur für eine Jahreshälfte. Vom Versorgungsschiff werden sie einfach zusammen mit einem kargen Vorrat für 6 Monate ausgesetzt und haben keine Möglichkeit, mal eben in einen Supermarkt zu gehen. Haus und „Büro“ der beiden sind sehr basisch und Harry freut sich über unser kleines Carepaket an Lebensmitteln, welches wir für Ihn schon in Bora Bora vorbereitet hatten – dies ist unter Seglern bekannt und wir freuen uns so und durch unsere Besuchsgebühr von 60 Dollar den Naturschutz zu unterstützen. Nebenbei bemerkt achtet Harry sehr auf den Schutz der heimischen Umwelt. Wir haben mitbekommen, dass er Segler, die durch Kitesurfen die lokalen Vögel verunsichert haben heftig verwarnt hat.
Das Wasser hier ist warm und bunte Fische bevölkern die mehrheitlich gesunden Riffe. Die Skipperin schnorchelt zusammen mit der Crew von Chantey die örtliche Manta-Putzstation wo Mantas und andere Fische von kleinen Putzerfischen gereinigt und von Parasiten befreit werden.
Harry lädt uns und mehrere andere Boote am nächsten Abend zu einem Pot-Luck Dinner am Strand ein, bei dem er den Fisch und alle Gäste Getränke und Salate beisteuern. Leider gibt es keine der delikaten Coconut Crabs, die hier in Mengen über die Strände laufen. Die Diskussionen drehen sich mal wieder um das Wetter und die Fahrtstrecke (einige Boote gehen von hier aus nach Samoa). Wir freuen uns jedenfalls über gute Gespräche und den im (fast) Überfluss vorhandenen Fisch. Etwas Nervosität kommt auf, weil sich ein Wetterfenster nach Tonga auftut. Von dieser Nervosität angesteckt beschließen wir nicht noch länger zu bleiben, sondern gleich am übernächsten Tag wieder auszulaufen. Kein Problem, Harry stellt die Dokumente aus und los geht es zusammen mit Chantey ins Königreich Tonga.
Fazit unseres Besuchs: Natur pur und unverfälscht durch Tourismus an einer der wenigen Stellen auf dieser Welt, die nur mit einem eigenen Boot oder einer Expedition zu besuchen ist.
Literatur
1 https://de.wikipedia.org/wiki/Suwarrow#
2 https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Wassiljewitsch_Suworow