SV Tanuki

Sailing into the Blue

Tanexit – Wir verlassen die EU

Es geht endlich los. Checkliste abgearbeitet, wir legen ab. Das Manöver „drehen auf engstem Raum” funktioniert und wir kommen gut aus dem Hafen raus. Das Wetter ist schön, wenig Wind, aber wir sind gut drauf. Auch Tanuki scheint sich zu freuen, wir gleiten sanft durch die wenigen Wellen, wohl wissend, dass sich das bald ändern wird. Wir haben zwar die Segel draussen, sind aber noch in der Abdeckung der Insel Tenerifa und müssen erst mal ein paar Stunden mit Motorhilfe nach Süden. Dann geht’s aber zur Sache. Die Reise ist mit ca. 850 sm angesetzt und wir werden je nach Wetterlage ca. 6-7 Tage brauchen. Der Wetterbericht sagt 3-4 Windstärken voraus. Mal sehen.

Erster Tag. Wir kommen aus der Landabdeckung heraus, der Wind nimmt zu, ebenso die Dünung. Flaues Gefühl im Magen, die Skipperin nimmt ihre erste Tablette gegen Seekrankheit, der Skipper hat keinen Hunger. Es wackelt. Wir hoffen, dass das nur die Windakzelleration der Inseln ist, wissen aber, dass hier der Atlantik zum Zuge kommt. Beim Verlassen der 12m Zone wird uns klar, dass wir jetzt auch die EU verlassen und gewisse Vergünstigungen (z.B. kostenloses Roaming) nicht mehr gelten. Also tschüss EU, der Skipper kommt auf die lustige Kombination von Tanuki und Exit. Na ja! Ruhige Nacht ansonsten.

Zweiter Tag. Es wackelt. Wellenhöhe ca. 2m. Wir segeln, der Wind kommt von achtern. Eigentlich sollte man sich als Segler darüber freuen, aber die Segel tun es nicht, weil bei rollendem Boot die Fock oft mal auf die andere Seite umschlägt. Nicht gut für das Material. Der Skipper isst etwas von dem vorgekochten Chilli, die Skipperin hat sich Dal gemacht. Wir haben noch etwas Brot aus Spanien. Wir stellen fest, dass die Solarpanele es nicht schaffen, die Batteriebank über Tag wieder aufzuladen. Kein Wunder, wir haben drei Kühlschränke an, zusammen mit dem Autopiloten macht das ca. 20A pro Stunde. Es ist Winter, die Sonne steht nicht hoch und die Solarpanele produzieren nur etwa 30 A pro Stunde am Tag für ca. 8 Sonnenstunden. Also müssen wir gelegentlich mit dem Motor die Batteriebank durchladen. Für die Atlantiküberquerung müssen wir die Energie etwas besser in den Griff bekommen, wir werden wohl einen Kühlschrank stillegen müssen.

Dritter Tag. Es wackelt. Die Atlantikdünung nimmt zu. Fliegende Fische besuchen uns gelegentlich, leider überleben sie das nicht auf dem Deck von Tanuki. Die Dünung ist im Cockpit gut verträglich, unter Deck fühlt es sich aber an wie im Innern einer Waschmaschine. Insbes. die Nächte sind schwierig. Das Brot ist alle. Der Skipper holt die Brotbackmaschine hervor und produziert ein dunkles Brot. Lecker! Dank der Brotbackmischung von Lidl.

Vierter Tag. Der Skipper versucht sich am Schleppangeln. Kein Glück. Die Wellen sind mittlerweile bei 2.5-3m angekommen. Ist aber nicht so schlimm, weil von achtern. Der Wind frischt auf bis Mitte 20 kt. Unsere Segel sind maximal gekürzt, wir machen quasi mit einer Handtuchgroßen Fläche immer noch 6 kt Geschwindigkeit. Wir peilen aber trotzdem eine leicht geringere Geschwindigkeit an, weil die Bedingungen für unseren Magen dabei etwas besser sind. Liegt wohl an der Geschwindigkeit und Wellenlänge.

Fünfter Tag. Schwärme von fliegenden Fischen fliegen an Tanuki vorbei. Wir wundern uns über die Strecken, die diese Fische in der Luft fliegen (mehr als 100m) und dass sie wohl instinktiv gegen die Windrichtung fliegen, was aerodynamisch Sinn ergibt. Wir sehen unser erstes Sargassum Gras in kleinen Bällen an uns vorbeitreiben.

Sechster Tag. Der Wunsch nach Ankommen macht sich breit, die Skipperin ist genervt. Die Kalkulation des Skippers liegt aber bei 7 Tagen, also noch einen weiteren Tag durchhalten. Wir vermissen das bequeme Segeln bei netteren Wetterbedingungen. Plötzlich versagt der Autopilot. Unser brandneuer Bolzen ist schon wieder gebrochen. Kein Problem, wir wissen ja jetzt, wie man das temporär repariert. Dauert nur 10 Minuten, wir haben noch genug Kabelbinder. Wir sind trotzdem enttäuscht, dass der Bolzen nicht durchgehalten hat. In der Nacht bekommen wir Besuch von einem etwas derangierten kleineren Vogel. Der war so erschöpft, dass er nur apathisch im Cockpit lag. Wir gewähren ihm unsere Gastfreundschaft  mit etwas Brot. Nach 20 Minuten war er wieder weg (siehe nächster Tag).

Siebter Tag. Wir steuern die Kapverden an. Der Skipper lobt eine Portion Rum für die erste Landsichtung aus. Die lässt auf sich warten, es ist dunstig. Wir hoffen, dass Wind (27 kt) und Welle (2.5 m) in Inselnähe etwas besser werden. Die Hoffnung trügt. Zwischen den nördlichen Inseln liegt eine Wind-Akzellerationszone. Der Skipper gewinnt die Rum-Ration. Wir fahren in die Strasse zwischen den Inseln hinein. Unterwegs kommt uns ein Segelboot entgegen. Sie halten die Nase in den Wind und drehen gleich wieder rum, zurück in den Hafen.

Leider haben wir einen Fehler gemacht. Wir haben nicht kontrolliert, ob unser Plotter auch die richtige Karte hat. Ergebnis: Die Mittelmeerkarte von C-Map geht nur bis zur nördlichen Insel der Kapverden (!), die Atlantik/Karibikkarte zeigt den Hafen von Mindelo erst recht nicht. Auf unserem Bordcomputer finden wir eine ältere Karte, auf der die Marina nicht eingetragen ist. Was nun? Wir folgen dem Rückkehrer in den Hafen und sehen die Marina in der hinteren rechten Ecke. Problem gelöst. Wir rufen die Marina (bei der wir eine Reservierung haben) auf Funk, die Antwort kommt nach 10 s. Langsam reinfahren, suche nach dem Marinero, etwas schwierig, den zu sehen. Wir finden ihn schließlich und steuern unseren zugewiesenen Steg an. Die Wassertiefe liegt mittlerweile bei 2,5m (unser Tiefgang ist 2,3m) – das wird eng. Klappt aber gut. Aufstoppen in der Gasse, zurück mit Bugstrahlruder und wir sind drin! Wir machen an mit Heckleinen und einer Muring. Beim öffnen der Heckklappe kommen blinde Passagiere zum Vorschein. Ein fetter fliegender Fisch (verstorben) und ein zerzauster Vogel (immer noch erschöpft) der sich dort verkrochen hatte. Einer der netten Marineros nimmt den Vogel mit und verspricht sich gut darum zu kümmern.

Anlegerbier! Wir checken in die Marina ein, bezahlen für 4 Nächte einen guten Preis, gehen noch rüber zum Fährterminal um bei der Immigration und der Hafenpolizei einzuklarieren. Noch ein Bier und ein paar Tapas in der Marinabar, dann fallen wir in unsere Kojen und schlafen 10 Stunden am Stück.

3 Kommentare

  1. Hi Richard,

    suprise suprise 😬☀️😬. Haben Dich jetzt doch gefunden … allerdings offenbar nicht auf dem 5. Kontinent, wo ich Dich vermutet hätte 😉. Kleiner ⛵️ Segeltörn … MEGA!!

    Wollten Dich mal anfunken, um über Deine guten Kontakte in Australien einen (vielleicht) 3-monatigen (Schul-)auslandsaufenthalt auf der anderen Seite der Welt 🗺️ anzustossen, den sich unsere Tochter Alicia so sehr wünscht!

    Wenn Du eine gute Idee (oder mehrere) hättest, entlohnen wir Dich mit einem kostenfreien Aufenthalt in der Marina um die Ecke, die von Susannes Cousin auf den Kapverden betrieben wird 🍹😉🍹

    Melde Dich mal … hätte nicht gedacht, Dich/euch so zu finden … der Tango blog war schon Herausforderung genug!!

    Sonnige Grüße von Susanne&Steffan mit Alicia … und immer eine Handbreit Wasser 🌊 unter dem Kiel 👍☮️

  2. welcome to 🇧🇧
    Grüße aus MR 🇩🇪, Susanne&Steffan ☀️☮️☀️